Einleitung

Die Nacht am 26. Nov 1994, in der Sterni durch einen Autounfall querschnittsgelähmt wurde, scheinen diese Augen wie zwei strahlende Lichter auszublenden. Sterni gehört zu der seltenen Sorte Mensch, die durch ihre bloße Anwesenheit einen ganzen Raum mit Atmosphäre ausfüllen. Die Tatsache, dass sie in einem Rollstuhl sitzt, rückt dabei fast vollständig in den Hintergrund. Alleine ihre blitzeblauen Augen, die bunte Kleidung, machen die 37jährige zu einer interessanten Erscheinung. Beginnt sie zu erzählen, fangen ihre Augen an zu leuchten und man merkt schnell, dass sie eine Frau mit Herz und innerer Stärke ist, die sich, trotz ihres Schicksals, für das Leben entschieden hat. Sterni lebt und liebt das Leben in vollen Zügen. Ob Partys, bunte Festivals, spontane Sprachreisen nach L.A., Schlittenurlaube in Schweden, Shopping-Touren oder lustige Kochabende mit Freunden – Sterni ist da, wo das Leben tobt.

An ihre Kindheit kann sich Sterni heute kaum mehr erinnern. Eine durch den Unfall verursachte Amnesie, wie ihr die Ärzte später erklärten. So ist es auch mit der Unfallnacht selbst, deren Hergang sie heute nur noch aus Erzählungen kennt. Es war eine Nacht, in der sich Sterni, zusammen mit ein paar Freunden, auf dem Rückweg aus einer Diskothek befand. Die damals 15jährige war auf der Rückbank des Wagens eingeschlafen, als er durch ein riskantes Überholmanöver des Fahrers, mit Tempo 90 aus der Kurve flog und frontal gegen einen Baum fuhr. Sterni wurde durch die Windschutzscheibe nach draußen geschleudert. Über die Erlebnisse dieser Nacht und über die daraus entstandenen Folgen, eine Querschnittslähmung vom sechsten bis siebten Brustwirbel abwärts, redet die heute 37jährige mit selbstverständlicher Leichtigkeit.

Dabei erlischt das Leuchten in ihren Augen für keine Sekunde.

„Was nützt es mir, wenn ich zuhause sitze und heule. Dadurch kann ich auch nicht mehr laufen.“

Eine Erkenntnis, die ihre Zeit gebraucht hat! Nach anderthalb Wochen im künstlichem Koma, einem vierwöchigen Aufenthalt im Krankenhaus und einem neunmonatigen Besuch in der Jugendreha, erinnert sich Sterni an die anfängliche Angst, das eigene Bild im Spiegel zu betrachten und an die Hemmschwelle, zurück in den gewohnten Familien- und Freundeskreis zurückzukehren.

„Es wäre schlimm für mich gewesen, von meinen alten Freunden mit mitleidiger Vorsicht behandelt zu werden.“

Doch diese Befürchtung bestätigte sich glücklicherweise nicht. In ihrem Rollstuhl, der von ihr, den Freunden und Familie liebevoll „Renate“ genannt wird, hat sich die 37jährige nicht nur alte Freundschaften bewahrt, sondern viele neue dazu gewonnen. Die sonst eher zierliche Sterni ist eine Kämpfernatur, die aus den schlimmen Erlebnissen neuen Mut geschöpft hat. Wenn es ihr doch mal schlecht geht, ist immer einer ihrer Freunde zur Stelle, der sie in den Arm nimmt, und ihr zeigt, dass sie geliebt wird, weil sie ist, wie sie ist – ob mit Renate oder ohne.

Sterni ist das beste Beispiel dafür, dass ein Leben im Rollstuhl abwechslungsreich, bunt und lebenswert sein kann.

„Wenn man, wie ich durch den Unfall, ein völlig neues Leben anfängt, erkennt man plötzlich den wahren Sinn des Lebens.“

Das Sterni diesen Sinn erkannt hat, nämlich den, glücklich zu sein, ist offensichtlich. Man braucht ihr nur in die Augen zu sehen.

 

Liebe Grüße,
Benni & Steffi („Sterni“).

(Teile des Textes wurden 2002 für eine Studienarbeit von Tina Guilleaume geschrieben und von uns umgeschrieben.)